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Das barocke Europa
O Mensch, lerne tanzen,
sonnst wissen die Engel im Himmel
mit Dir nichts anzufangen!
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Das Tanzen war ein wichtiger Bestandteil der höfischen Kultur. Es besaß einen hohen gesellschaftlichen Stellenwert und gehörte zur Ausbildung eines jeden jungen Menschen des Adels. Dafür wurden Tanzmeister engagiert, die in der Kunst des Tanzens unterwiesen.
In allen Jahrhunderten ist der Höfische Tanz Europas eine Mischung aus einem Ausdruck von Lebensfreude, dem Begegnen der Geschlechter in einem Spiel aus Nähe und Distanz, sich zieren und sich zeigen und der Präsentation der eigenen Macht und Stellung.
Orientiert man sich in den Präsentationstänzen der Renaissance daran die von Gott gegebene Natur in allen Feinheiten wie einen Diamanten zum Leuchten zu bringen, so gut es der Mensch eben vermag, überwindet der barocke Tänzer seine Natur und erschafft sich als Ebenbild Gottes eine eigene, „künstliche" Welt.
Doch neben der hohen Kunst der solistischen Fähigkeiten oder den Choreographien in kleinen Formationen gibt es zu allen Zeiten Gesellschaftstänze, an denen alle Anwesenden, so sie eine adlige Ausbildung genossen haben, teilnehmen können.
Kreise oder lange Reihen von Paaren dienen der Entspannung und dem beinahe ungezwungenen Begegnen der Geschlechter.
Frankreichs kulturelle Vormachtstellung im barocken Europa schließt auch die Tanzkunst ein. Doch ein wichtiger Impuls, der noch bis in die Kolonien von Amerika strahlt, kommt aus England.
Publiziert werden die sogenannten „Country Dances" zum ersten Mal 1651 durch den englischen Musikpublizisten John Playford in seinem „The English Dancing Master". Hier gibt er rund hundert beliebte Melodien mit einfachen Tanzbeschreibungen heraus, die ohne einen Tanzmeister zu Hause, auch vom Bürgertum oder Landadel erlernt und begleitet werden können. Das Buch wird ein so großer Erfolg, dass es von 1651 bis 1728 insgesamt 18 Auflagen erlebt, in denen zusammen mehr als tausend verschiedene Choreographien zu finden sind.
Die typische „englische Aufstellung" verbreitet sich schnell und wird unter dem Namen „(Contra Danse) Anglaise" in vielen anderen Ländern bekannt.
In Frankreich gründet Ludwig XIV 1651 die Königliche Akademie des Tanzes und Raoul Auger Feuillett gibt ab 1700 verschiedene Lehrbücher heraus mit der genauen Beschreibung der Schritte, der Haltung und der Tanzfiguren samt Melodien, sowohl der Solotänze, als auch der „Contre Dances".
Das Menuett wird zum Lieblingstanz des französischen Hofes.
Die deutschsprachigen Länder orientieren sich seit der Herrschaft des Sonnenkönigs an Frankreich. Gottfried Taubert übersetzt zunächst ein Werk Feuillets und veröffentlicht 1717 mit seinem „Rechtschaffenen Tanzmeister …" ein Monumentalwerk über das Tanzen mit ca. 1200 Seiten.
Daneben finden sich vor allem im Laufe des 18. Jh. verschiedene Sammlungen an kleineren und größeren Höfen, die Choreographien für das Hofleben, manchmal auch musikalische Notation dazu enthalten.
Im 17. Jahrhundert gibt es sowohl in Frankreich, als auch in Deutschland sehr wenige Quellen.
Eine Quelle ist die „Kurtze doch Gründliche Unterrichtung …." Von Johann Georg Pasch (Osnabrück 1659). In diesem Buch findet sich eine „Anleitung sich bey grosen Herrn Höfen und anderen beliebt zu machen", die im Anhang einige Tanzübungssequenzen und Musik enthält. Leider fehlt in dem Buch eine Erklärung der genannten Schritte und ist dadurch nur aus der Quelle heraus nicht zu rekonstruieren.